Soft Capsules

Soft Capsules

Kunstverein Braunschweig
03.08.21 – 29.08.21

Kuration: Sebastian Schneider
Fotos: Hannah Jung

Der Kunstverein Braunschweig zeigt mit der Ausstellung “Soft Capsules” die diesjährigen Meisterschüler_innen der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig.

Lena Schmid-Tupou hat für diese Ausstellung geblasene Glaskörper angefertigt: Sie versteht diese als dreidimensionale Erforschung von Malerei.

Dieses Projekt wurde durch die Alexander Tutsek Stiftung gefördert.

Zarter Mut

Einführung zu Lena Schmid-Tupou von Nina Roskamp

Die Zweidimensionalität der Leinwand empfindet Lena Schmid-Tupou nie als Begrenzung und entzieht sich damit jeder Kategorisierung. Die Leinwand ist für sie in erster Linie ein Forschungsraum, der sie als Künstlerin einlädt, zu erinnern und sich und ihre künstlerische Arbeit zu transformieren. Wenn die Künstlerin sich erschüttern lässt, zeugt das von ihrer Empathie, die sich unbegrenzt überträgt, wenn ich mich als Betrachter_in mit ihrem Werk beschäftige. Es entstehen haptische Erinnerungen, die sich mit Explorationen mit und durch das Material zeigen und es entstehen zuweilen neue Realitäten, die von einem körperlichen Vermögen im Arbeitsprozess zeugen.

In ihren Arbeiten der Serie “Komorebi” erscheint die gesetzte Schwebe von “Silfra”, einer Serie aus dem Jahr 2020, weiter entwickelt: Das Licht, das durch die Bäume scheint, ist in seiner Erzählweise radikaler und schonungsloser. Lena Schmid-Tupou ist einen Schritt näher herangetreten, spaziert durch eine trockenere, weniger volle Welt, als in “Silfra”, ohne sich dabei von ihrer Grundthematik, der Naturimpression, zu entfernen. Damit erobert sie sich den Raum ein klein wenig mehr, sie geht näher ran. Und wieder geht es um die direkte Erforschung der Umwelt mittels einer körperlichen Erfahrung mit dem Material und dem Malgrund. Und sie bleibt, und damit ist sich die Künstlerin sehr treu, nah am Erlebten, nah am Eindrücklichen. 

Lena Schmid-Tupou übersetzt in einem weiteren Schritt Elemente ihrer Malerei in gläserne Skulpturen. Hiermit erzeugt sie eine simultane Erfahrung von Transparenz, Körperlichkeit und Reflexion. Zerbrechlichkeit und Stabilität, sowie Verletzlichkeit und Stärke sind die sich möglicherweise kommunizierenden Bausteine eines Gesamtwerks, dessen Empathie in der gemeinsamen Erfahrung mit den gehenden und betrachtenden Besucher_innen spürbar wird.

Die aktuell ausgestellten Arbeiten sind eine Weiterentwicklung der keramischen Serie Landmannalaugar, namentlich bezogen auf eine Bergregion im Südwesten Islands, die die Künstlerin erstmals 2008 besucht hat. Die Faszination für dieses Land mit seinen unabwägbaren Naturerscheinungen fasziniert viele Künstler_innen, wie zum Beispiel die amerikanische Künstlerin Roni Horn, die die Natur dieses Landes als gleichsam betörend und verstörend beschreibt. Einen weiteren Weg der Annäherung an das vom Massentourismus langsam zu stark bevölkerte Land geht Lena Schmid-Tupou – verletzlich und mutig.

In all ihren Explorationen beweist Lena Schmid-Tupou ein bemerkenswertes Gespür für Kolorisation, Fragment und Kommunikation. Die Arbeiten zeugen von Entgrenzung und stecken dabei ganz konkret Fragen der Gegenwärtigkeit behutsam ab. Die Kraft unserer Umwelt und die schwer zu bändigende Realität erfordern zarten Mut und Offenheit.

– Nina Roskamp ist die Direktorin der Galerie Geyso20 in Braunschweig.

„Lena Schmid-Tupou zeigt ten kugelige, bunte Glasobjekt, angeordnet auf einer weißen Fläche; das einfallende Licht malt farbige Schatten auf das Weiß – eine wunderbare Verbindung von Skulptur und Malerei.“

Regine Nahrwold
Braunschweiger Zeitung